Gewährleistungsrecht: OLG Hamm untersagt Abtretungsklausel in AGB

Online-Händler sind dazu verpflichtet, über das Bestehen der gesetzlichen Gewährleistungsrechte zu informieren. Weitere Klauseln sollte man im Handel mit Verbrauchern zur Gewährleistung nicht in AGB aufnehmen, wie eine aktuelle Entscheidung des OLG Hamm zeigt.

Vor dem OLG Hamm (Urt. v. 25.9.2014, 4 U 99/14) stritten sich zwei Online-Händler wegen einer AGB-Klausel. Die Beklagte verwendete innerhalb ihrer AGB die Klausel

"Die Abtretung von Mängelansprüchen ist ausgeschlossen."

AGB-Klausel ist unwirksam

Im unternehmerischen Verkehr, also im B2B-Handel, werden solche Abtretungsklauseln grundsätzlich als zulässig angesehen. Im B2C-Handel fällt die Beurteilung der Zulässigkeit einer solchen Klausel aber anders aus.

"Andererseits belastet das Abtretungsverbot von Gewährleistungsansprüchen im Internethandel den Verbraucher und führt daher zu Benachteiligungen von einigem Gewicht.

Typischerweise trifft die Benachteiligung eines Abtretungsverbotes unmittelbar den Wiederkäufer, mittelbar aber auch den Vertragspartner des Verwenders, weil der faktische Ausschluss der Gewährleistung gegenüber dem gewerblichen Erstverkäufer den Wiederverkauf erschweren, jedenfalls aber das Verhältnis zwischen Erstkäufer und Wiederkäufer mit unnötigem Streit in Fällen belasten kann, in denen eine von Anfang an mangelhafte Sache weiterverkauft wurde. Solche Fallkonstellationen können im Internethandel durchaus häufig auftreten, da bekanntermaßen beim Internethandel oft nicht der eigentlich Interessierte, sondern ein mit dem Medium versierter Käufer die Ware direkt erwirbt, sei es, dass der Enkel für seine Großeltern, die Kinder für ihre Eltern oder aber sonstige Personen für Freunde und Bekannte erwerben.

Das Interesse des Käufers, in solchen Fällen nicht mit der Abwicklung der möglichen Gewährleistung belastet zu werden, hat auch der BGH als schützenswert anerkannt.

So weist er in einem reisevertraglichen Fall darauf hin, dass die Pflicht des Buchenden, Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis für sämtliche Mitreisenden selbst geltend machen zu müssen, nicht nur belastet, sondern auch zu prozessualen Schwierigkeiten führen kann.

Solche Schwierigkeiten tauchen schon in Fällen auf, in denen der solchermaßen Berechtigte in Prozessstandschaft auftreten muss, ohne noch ein eigenes Interesse an der Prozessführung zu haben.

Dem Interesse des Verbrauchers daran, solchen Belastungen nicht ausgesetzt zu sein, ist das Interesse des Unternehmers an der Verwendung der Klausel gegenüberzustellen. Der Senat sieht ein sich auch im Verbraucherverhältnis durchsetzendes berechtigtes Interesse daran, die Abtretung von Gewährleistungsansprüchen an gewerbliche Aufkäufer solcher Ansprüche zu verhindern.

Auch die Unterbindung einer Abtretung solcher Ansprüche, ohne dass gleichzeitig die Ware übereignet wird („nackte Abtretung“), mag zu einem überwiegenden Interesse auf Unternehmerseite führen. Schließlich kann der Verwender ein berechtigtes Interesse daran haben, sich nicht Ansprüchen gegenüber Personen ausgesetzt zu sehen, mit denen er nicht kontrahiert hätte, zum Beispiel, weil er solche aus früheren, unerfreulich verlaufenen Geschäften kennt und daher von einer Belieferung ausschließt.

Im vorliegend zu beurteilenden Fall differenziert der Verwender allerdings nicht nach solchen Konstellationen. Die Klausel schließt pauschal jede Abtretung aus.

Sie betrifft daher auch Fälle, in denen der Verbraucher seinerseits ein anerkennenswertes und überwiegendes Interesse an einer Abtretung hat, die häufig den Unternehmer auch gar nicht belasten wird, weil sie seine Gewährleistungshaftung nicht ausdehnt, sondern lediglich verlagert. Insoweit ist die Klausel zu weit geraten. Da eine Reduktion ihres Anwendungsbereichs regelmäßig nicht in Betracht kommt, ist sie insgesamt unzulässig."

Daher belaste die Klausel den Verbraucher. Ein schützenswertes Interesse zur Verwendung dieser Klausel des Unternehmers besteht nicht, so das Gericht weiter.

"Das Argument der Verfügungsbeklagten, sie wolle der Gefahr entgegenwirken, dass ihr völlig unbekannte Dritte als Gewährleistungsgläubiger aufgezwungen würden, vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Im Internetversandhandel sind dem Versandhändler seine Vertragspartner in der Regel nämlich ohnehin nicht (persönlich) bekannt, der Verkehr mit Personen, die dem Versandhändler allenfalls namentlich bekannt sind, ist diesem Geschäftszweig mithin immanent.

Der Verfügungsbeklagten ist allerdings insoweit zuzustimmen, als sie ein schutzwürdiges Interesse daran hat, den gewerblichen Wiederverkauf von Waren aus ihrem Sortiment zu erschweren. Die beanstandete Klausel ist allerdings nicht auf diese Fallgestaltung beschränkt.

Sie erfasst diese Fallgestaltung allenfalls dadurch, dass sie der Verfügungsbeklagten im Einzelfall eine Beweisführung zu der Frage, ob ein gewerblicher Wiederverkauf vorliegt, erspart, indem sie die Abtretung von Gewährleistungsansprüchen ausnahmslos ausschließt. Dieses Beweiserleichterungsinteresse überwiegt die vom Senat aufgezeigten berechtigten Verbraucherinteressen indes nicht."

Fazit

Im Handel mit Verbrauchern sollte man auf sämtliche Einschränkungen in Sachen Gewährleistungsrecht verzichten, da diese in aller Regel unwirksam und damit auch wettbewerbswidrig sind. Mit dem von uns entwickelten Rechtstexter und dem Abmahnschutzpaket sind Sie auf der sicheren Seite und gegen Abmahnungen geschützt.

Martin RätzeDer Autor, Martin Rätze, ist Teamleiter Legal Experts der Trusted Shops GmbH, Diplom-Wirtschaftsjurist und bereits seit Oktober 2008 bei Trusted Shops. Er studierte Deutsches und Europäisches Wirtschaftsrecht an den Universitäten Siegen und Athen. Er ist Autor im www.shopbetreiber-blog.de und berichtet regelmäßig über die aktuelle Rechtsprechung zum E-Commerce. Außerdem schreibt er eine Kolumne auf t3n.de, in der er die wichtigsten Urteile eines Monats zusammenfasst. Martin Rätze ist Referent bei verschiedenen Industrie- und Handelskammern zum Thema "Online-Recht" und hat zahlreiche Veröffentlichungen auf dem Gebiet des E-Commerce-Rechts.

11.11.15

Admin

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