Farbabweichung auf Produktfoto - wer haftet?

Was passiert eigentlich, wenn der Pulli, den Sie in Ihrem Online-Shop verkaufen, auf dem Produktbild anders aussieht als in echt? Wer trägt das Risiko wenn die Farben auf dem Bildschirm der Käuferin oder des Käufers anders dargestellt werden, als sie in Wirklichkeit sind?

Klauseln, die die Haftung für Farbabweichungen einschränken, haben Sie sicher schon mal gesehen. Doch sind diese eigentlich notwendig und überhaupt rechtskonform?

 

Welche Folgen haben Farbabweichungen?

Die Ursachen für Abweichungen von Farbtönen sind vielfältig. Sie können beispielsweise bei einem schlecht geschossenen oder veralteten Produktbild oder aber auch an falschen Monitoreinstellungen bei der Kundin oder dem Kunden liegen. Doch wie sind diese Situationen nun rechtlich zu beurteilen?   

Haben Sie auf Ihrer Produktseite ein schlecht geschossenes Bild eingefügt, welches einen kobaltblauen Schal zeigt, das im Angebot stehende Kleidungsstück jedoch eigentlich olivgrün ist, so weicht das Produkt von der Darstellung im Shop ab. Dies kann einen Sachmangel nach § 434 BGB darstellen.

Eine Sache ist unter anderem dann mangelhaft im Sinne des BGB, wenn sie nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist.

Der BGH entschied in einem Urteil vom 12. Januar 2011, dass Produktbilder genauso Teil einer Beschaffenheitsvereinbarung werden können wie Artikelbeschreibungen in Textform. Ganz nach dem Motto „what you see is what you get” kann die Kundin bzw. der Kunde also zu Recht erwarten, dass er genau das Produkt erhält, welches auf den Bildern abgebildet ist.

Ist dies nicht der Fall, liegt ein Sachmangel vor, was bedeutet, dass Sie Ihrer Pflicht aus dem Kaufvertrag nicht ordnungsgemäß nachgekommen sind. Die Empfängerin oder der Empfänger des im Endeffekt olivgrünen Schals kann nun Nacherfüllungsansprüche geltend machen (was es damit auf sich hat, erfahren Sie hier). Zudem setzten Sie sich einem Abmahnrisiko wegen widersprüchlicher und damit irreführender Angaben wesentlicher Produktmerkmale aus.

 

Können Sie die Haftung für Abweichungen ausschließen?

Bei der Frage, ob man durch gezielte Formulierungen die Haftung aufgrund von Abweichungen einschränken oder ausschließen kann, müssen Sie zwischen Bilder in Printmedien und im Internet unterscheiden.

In Printmedien wie Katalogen oder Werbeprospekten ließ der BGH den Hinweis „Irrtümer vorbehalten“ bereits in 1996 zu, um die Haftung für Druckfehler einzugrenzen. Schließlich können Fehler bei der Erstellung der Werbung nach der Veröffentlichung nicht ohne Weiteres wieder rückgängig gemacht und berichtigt werden.

Da in Online-Shops eine Korrektur von Fehlern schnell und unproblematisch möglich ist, kann diese Rechtsprechung jedoch nicht auf den Online-Handel übertragen werden.

In 2007 entschied das KG Berlin, dass eine sich in den AGB eines eBay Verkäufers befindenden Klausel, welche besagte, dass Technische Änderungen sowie Änderungen in Form, Farbe und/oder Gewicht im Rahmen des Zumutbaren vorbehalten bleiben, unlauter und somit unzulässig ist.

Ganz konkret wurde im Fall eines Neuwagenkaufes entschieden, dass auch geringe Farbabweichungen beim Neuwagenkauf einen Sachmangel darstellen. Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verkäuferin, dass Abweichungen im Farbton vorbehalten blieben, wenn die Änderung nicht erheblich und für die Käuferin oder den Käufer zumutbar sei, bewerteten die Richter übereinstimmend als unwirksam, weil für die Kundin bzw. den Kunden nicht erkennbar sei, von welchen Kriterien die Erheblichkeit der Änderung und deren Zumutbarkeit abhänge.

Sie dürfen also Ihre Haftung für etwaiger Farbabweichungen nicht ausschließen. Genau so wenig dürfen Sie sich eine pauschale einseitige Lösungsmöglichkeit vom Vertrag bei Fehlern oder Abweichungen einräumen. Dies ist laut dem LG Frankfurt rechtswidrig. Die damals strittige Klausel lautete : „Bei aller Sorgfalt unterläuft auch uns einmal ein Fehler. Deshalb gilt, dass wir uns bei Irrtümern, unvertretbaren Preis- und Produktänderungen, sowie Lieferengpässen unserer Vorlieferanten als Auslieferung Ihres Auftrags vorbehalten“.

Also Finger weg von solchen Klauseln!

 

Falsche Monitoreinstellungen der Kundschaft

Die bis jetzt dargelegten Fälle betrafen Tatbestände in denen die Farbabweichung auf Ihrer Seite als Verkäuferin oder Verkäufer ihren Ursprung fand. Was nun aber, wenn der Fehler gar nicht bei Ihnen liegt, sondern bei der Käuferin oder dem Käufer, weil sie oder er den Monitor falsch eingestellt hat?

Hat z. B. eine Käuferin aufgrund falscher Bildschirmeinstellungen gedacht, sie kaufe einen blauen Pulli anstatt eines lilafarbenen, ist die Sache an sich also nicht mangelhaft, so unterliegt sie bei der Abgabe ihrer Willenserklärung einem Irrtum über die Eigenschaft des Pullovers. Hier käme der § 119 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Spiel, welcher es der Erklärenden bei Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Sache ermöglicht, ihre Erklärung anzufechten.

Man könnte darüber streiten, ob die Farbe eines Pullovers eine verkehrswesentliche Eigenschaft ist (heißt einen „unmittelbaren“ Einfluss auf die Brauchbarkeit oder den Wert des Gegenstandes hat). Dies wird dann im Einzelfall ein Gericht entscheiden müssen.

Verkaufen Sie an Verbraucher, wird dies in der Praxis jedoch wenig Relevanz zeigen. Verbraucher können bei Onlinebestellungen nämlich ohne Angabe von jeglichem Grund innerhalb von 14 Tagen den Vertrag widerrufen. Ist unsere technisch unbegabte Käuferin aus dem obigen Beispiel ein Verbraucher, so wird sie den Vertrag einfach widerrufen können und muss sich nicht auf ein Irrtum berufen.

 

Unser Tipp

Haben Sie auf Ihrer Produktseite ein fehlerhaftes Bild hochgeladen oder ist dieses mittlerweile zu alt, so dass es zu Farbabweichungen zum tatsächlich verkauften Modell kommt, so wechseln Sie das Bild sobald Sie den Fehler bemerken. Eine Klausel in Ihren AGB wird Ihnen gegen gegebenenfalls bereits entstandene Gewährleistungsansprüche leider nicht helfen können. Bleiben Sie jedoch positiv, der Vorteil des Internets ist, dass man solche Fehler sehr schnell beheben kann!

 

Über die Autorin

autor laura schullerHannah Laura Schuller hat sich, nach einem erfolgreich absolvierten Jurastudium an der Université catholique de Louvain in Belgien, an der Universität zu Köln in deutschem Recht spezialisiert. Sie arbeitet seit Juli 2018 im Bereich Legal Expert Services der Trusted Shops GmbH, wo sie als Legal Consultant France tätig ist.

21.05.20

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