Blumen und Pralinen zum Muttertag: Darf der Kunde widerrufen?

Blumen und Pralinen gehören zu den beliebtesten Geschenken zum Muttertag. Im Online-Handel stellen sie die Verkäufer jedoch vor Herausforderungen, da die Kundschaft einen besonderen Wert  auf die Frische bei Ankunft legt. Umso ärgerlicher ist es dann, wenn der Käufer nach einigen Tagen auf sein Widerrufsrecht besteht und Rückerstattung verlangt. Aber darf er das überhaupt? Dies erfahren Sie in unserem Tipp der Woche.

Auch Online-Bestellungen von Blumen und Pralinen sind Fernabsatzverträge. Insofern bestehen keine Besonderheiten im Vergleich zu anderen Waren wie Kleidung oder Elektrogeräten. Als Online-Händler müssen Sie sämtliche Pflichtinformationen zur Verfügung stellen. Spätestens bei der Frage der (vollständigen) Widerrufsbelehrung stellen sich die Anbieter von Pflanzen und Süßigkeiten die Frage: Hat der Kunde überhaupt ein Widerrufsrecht? Die Antwort ist – wie so häufig – es kommt darauf an.

Kein Widerrufsrecht für Schnittblumen, für Topfpflanzen aber schon

§ 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB schließt schnell verderbliche Waren vom Widerrufsrecht aus. Schnell verderbliche Waren sind solche, die nach der Auslieferung und innerhalb der regulären Widerrufsfrist von 14 Tagen aufgrund eines unumkehrbaren natürlichen Vorgangs so verschlechtern, dass ein bestimmungsgemäßer Gebrauch nicht mehr möglich ist. Die schnelle Verderblichkeit muss objektiv und im Voraus festgestellt werden können.

Eine generelle Ausnahme vom Widerrufsrecht für Pflanzen besteht nach diesen Grundsätzen nicht, da sie eine unterschiedliche Lebensdauer haben. Schnittblumen sind nach ein paar Tagen in der Vase verdorben. Auf ein Widerrufsrecht kann sich der Kunde hier nicht berufen. Anders hingegen bei lebenden Bäumen. So hat das OLG Celle (Beschl. v. 04.12.2012, 2 U 154/12) ausgeführt:

"Lebende Bäume werden gekauft und hierfür versandt, damit sie eingepflanzt werden und viele Jahre und Jahrzehnte wachsen und gedeihen. Lebende Bäume sind keine Waren, die nach Ablauf einer bestimmten kurzen Zeit nicht mehr zu gebrauchen sind. Der Verkauf lebender Bäume betrifft also ein nach allgemeiner Vorstellung besonders langlebiges Produkt und damit kein schnell verderbliches Produkt."

Mit der gleichen Argumentation müsste man auch die schnelle Verderblichkeit von Topfpflanzen verneinen, da sie grundsätzlich eine längere Lebensdauer haben. Ausnahmen für spezielle Pflanzenarten können natürlich nicht ausgeschlossen werden.

Vorverpackte Pralinen sind im Regelfall zurückzunehmen

Vorverpackte Pralinen haben in der Regel eine längere Haltbarkeit und stellen somit grundsätzlich keine schnell verderblichen Waren dar. Vom Widerrufsrecht ausgenommen sind aber auch Waren, deren Verfallsdatum zu überschreiten droht. Auch hier gelten objektive Maßstäbe.

So dürfen Sie das Widerrufsrecht z. B. nicht dadurch umgehen, dass Sie Pralinen, die objektiv 3 Monate haltbar sind, mit einem Haltbarkeitsdatum von 1 Woche willkürlich kennzeichnen.

Falsche Behandlung schließt das Widerrufsrecht nicht aus

An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts, wenn langlebige Pflanzen oder Pralinen aufgrund einer falschen Behandlung durch den Verbraucher ausnahmsweise schnell verderben (können). Die Gefahr, dass der Käufer die gelieferte Ware nicht bestimmungsgemäß behandelt, liegt praktisch jeder Sache inne, so zu Recht die Rechtsprechung.

Widerrufsrecht kann nach Entfernung der Frischhaltefolie erlöschen

Gerade für den Muttertag werden Blumen und Pralinen schön verpackt. Dass die Entfernung der Geschenkverpackung keinerlei Auswirkungen auf das Widerrufsrecht haben kann, liegt auf der Hand und wurde von der Rechtsprechung bereits bestätigt (LG Potsdam, Urt. v. 27.10.2010, 13 S 33/10).

Anders ist es jedoch, wenn z. B. bei Pralinen eine Schutzfolie entfernt wird, die gerade eine Frischhaltefunktion hat. Vom Widerrufsrecht ausgenommen sind nach § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB nämlich versiegelte Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde. Angebrochene Lebensmittel sind in solchen Fällen jedenfalls vom Widerrufsrecht ausgeschlossen, unabhängig von der Haltbarkeit, etwaiger Konsumierung oder Verschlechterung. Ein Gesundheitsrisiko kann nie vollständig ausgeschlossen werden.

In der Praxis wäre es allerdings schwierig zu beurteilen, wann eine Versiegelung im Sinne des Gesetzes vorliegt. Dies ist je nach Verpackungsart im Einzelfall zu prüfen.

Unser Tipp

In vielen Fällen wird es dem Kunden möglich sein, auch Muttertagsgeschenke wie Blumen und Pralinen zu widerrufen. Schutz gewährt Ihnen nur Ihr Recht, Wertersatz zu verlangen (mehr dazu hier). Eine Entschädigung für die Zustandsverschlechterung der Ware können Sie aber nur verlangen, wenn Sie den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht unterrichtet haben.

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Über die Autorin

autor_tanya_stariradeffTanya Stariradeff ist Rechtsanwältin und Legal Consultant bei Trusted Shops. Sie studierte Rechtswissenschaft an der Universität Bonn mit den Schwerpunkten Wirtschaft und Wettbewerb. Nach der ersten juristischen Prüfung vor dem OLG Köln folgten Stationen bei CMS Hasche Sigle und eBay und das zweite Staatsexamen. Tanya veröffentlicht in verschiedenen juristischen Zeitschriften zu rechtlichen Problemen des Onlinehandels. Seit Mai 2008 ist sie Mitarbeiterin der Rechtsabteilung der Trusted Shops.

04.05.17

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