Amazon: Gefährliche Stolpersteine für Händler

Amazon ist für viele Händler ein attraktiver zweiter oder dritter Vertriebsweg. Doch auch wenn Amazon für Sie nicht der Hauptvertriebskanal sein sollte, müssen Sie dennoch ein gutes Maß an Aufmerksamkeit für einige Stolpersteine mitbringen, die speziell bei Amazon zu beachten sind. 

Drei davon stellen wir Ihnen in unserem Tipp der Woche vor.

 

Haftung des Händlers für Fehler der Plattform

Bevor wir mit den Stolpersteinen loslegen, ein Grundsatz vorneweg: Händler haften für Fehler der Plattform. Der BGH hat bereits 2016 einen Fall entschieden, in dem ein Händler eine Uhr unter Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung verkaufte (BGH, Urteil v. 03.03.2016, I ZR 110/15). 

Die unverbindliche Preisempfehlung war fehlerhaft, ohne, dass der Händler hier etwas hätte ändern können: Die Angabe kam von Amazon selbst. Der BGH entschied, dass der Händler sich diese Angabe zurechnen lassen muss, wenn er sich entscheidet, auf Amazon zu handeln. 

Das bedeutet, vereinfacht gesagt: Wenn Sie auf Amazon handeln, können Sie sich bei Fehlern der Plattform nicht darauf berufen, dass Sie hier keine Einflussmöglichkeit haben, sondern müssen sich die Gestaltung zurechnen lassen, als wäre es Ihre eigene.

 

Stolperstein 1: FBA

Was ist FBA?

FBA bedeutet Fulfillment by Amazon und ist ein Service, bei welchem Amazon für Sie die Abwicklung Ihrer Warenlieferungen gegen Gebühr übernimmt. Das Besondere hier ist, dass Amazon für FBA-Lieferungen eine eigene Widerrufsbelehrung zur Verfügung stellt. 

Widersprüchliche Widerrufsbelehrungen vermeiden

Wenn Sie Ihre eigene Widerrufsbelehrung in Ihrem Amazonkonto an der korrekten Stelle einfügen, spielt Amazon bei FBA-Lieferungen automatisch die richtige Widerrufsbelehrung aus. Das funktioniert aber nicht, wenn Sie Ihre Widerrufsbelehrung auch an anderen Orten eingefügt haben, zum Beispiel in der Produktbeschreibung oder, wie häufig zu sehen, in den AGB. 

Pflegen Sie die Widerrufsbelehrung ausschließlich an der dafür vorgesehen Stelle ein. Wir unterstützen Sie hierbei gerne.

 

Stolperstein 2: Die Bestellseite

Vorab: Hier haben wir leider keine Lösungsmöglichkeit für Sie, um eine Gefahr elegant zu umgehen. Bei der Bestellseite geht es darum, dass Sie sich darüber bewusst sind, dass die aktuelle Gestaltung der Bestellseite bei Amazon mit rechtlichen Risiken verbunden ist. 

 Wesentliche Merkmale der Ware auf der Bestellseite

Konkret geht es um die Angabe der wesentlichen Informationen der Ware auf der Bestellseite und die Frage: Müssen auf der Bestellseite alle Informationen zur Ware noch einmal wiederholt werden oder reicht es aus, auf der Bestellseite das Produktbild und den Namen wiederzugeben und das Produkt zu verlinken? 

Hierzu gab es bereits einige Urteile zu Onlineshops, die eindeutig in die Richtung gingen, dass ein Link nicht ausreicht und auf der Bestellseite sämtliche Informationen noch einmal wiederholt werden müssen. Beispiel: Material und Gewicht eines Sonnenschirms. 

OLG München und die Bestellseite bei Amazon

Nun hat das OLG München auch für Amazon entschieden, dass dort alle wesentlichen Merkmale der Ware noch einmal wiederholt werden müssen, ein Link reicht nicht (OLG München, Urteil v. 31.1.2019, 29 U 1582/18). 

Konsequenzen daraus: Die Bestellseite bei Amazon ist nach OLG München nicht rechtskonform, womit ein rechtskonformer Handel auf Amazon nicht möglich ist. Denn wie bereit erklärt, muss sich der Händler die Gestaltung der Plattform zurechnen lassen, als wäre es seine eigene.  

 

Stolperstein 3: ASIN

Was sind ASIN?

ASIN bedeutet Amazon Standard Identifikationsnummer und ist das amazoninterne System zur Identifikation von Waren, vergleichbar mit EAN oder GTIN. Jedes Produkt, das bei Amazon gehandelt wird, hat eine ASIN. Dabei soll ein Produkt niemals zwei ASIN haben. 

Das hat zwei Dinge zur Folge. Erstens: Wenn Ihr Produkt noch keine ASIN hat, müssen Sie eine erstellen. Hierfür gibt es bei Amazon gewisse Richtlinien. Interessanter wird es bei der zweiten Konsequenz: Wenn bereits jemand für Ihr Produkt eine ASIN erstellt hat müssen Sie diese auch nutzen. 

Anhängen an Angebote

Wenn Sie sich nun an eine bereits bestehende ASIN und ein damit verknüpftes Angebot anhängen, nutzen Sie die dort enthaltenen Angaben für Ihr eigenes Angebot mit. Problematisch kann das dann werden, wenn in dem Angebot unzulässige Angaben enthalten sind, denn diese müssen Sie sich zurechnen lassen.  

Noch gemeiner ist, dass das ursprüngliche Angebot, an das Sie sich angehängt haben, nachträglich geändert werden kann und damit sich auch ihr Angebot ändert. Das kann zum Beispiel unverbindliche Preisempfehlungen betreffen, irreführende Gesundheitsangaben oder auch unzulässige Werbeversprechen. 

Regelmäßige Überprüfung der Angebote

Die Lösung ist hier, Angebote an die Sie sich angehängt haben, regelmäßig zu überprüfen, um zu verhindern, dass Sie für die Fehler anderer den Kopf hinhalten müssen. Wie häufig Sie prüfen müssen, ist nicht abschließend geklärt. Einmal im Monat reicht sicherlich nicht aus, dreimal täglich muss es jedoch auch nicht sein. 

 

Unser Tipp

Wenn Sie auf Amazon handeln, müssen Sie sich die Gestaltungen der Plattform zurechnen lassen. Achten Sie deshalb darauf, die Gestaltungen auf die Sie keinen Einfluss haben, vor allem Angebote, an die Sie sich angehängt haben, regelmäßig zu prüfen. 

 

Über den Autor

 

autor_frieder_schelleFrieder Schelle ist Wirtschaftsjurist und seit 2011 für Trusted Shops im Bereich Audit and Legal tätig. Er war verantwortlich für die Entwicklung rechtlicher Dokumente im Rahmen der Auditierung Schweizer Onlineshops und für die Betreuung deutscher und britischer Shops im Auditprozess. Seit 2014 ist Frieder im Bereich Legal Expert Services als Consultant tätig und betreut Rechtsberatungsprojekte und die Trusted Shops Abmahnschutzpakete. Frieder Schelle beschäftigt sich seit 2008 intensiv mit den Themenfeldern Wettbewerbs- und Medienrecht.

 

30.05.19

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