Werbung im Briefkasten: Was ist wirklich erlaubt?

Wie kann man möglichst effektiv seine Produkte bewerben und neue Kunden gewinnen, ohne dabei gegen das Gesetz zu verstoßen? Diese Frage beschäftigt viele Online-Händler.

Die Werbung per Brief oder Briefkasteneinwurf ist dabei trotz weit fortgeschrittener Digitalisierung immer noch eine beliebte Form des Direktmarketings. Schließlich hält der potentielle Kunde so die Werbung früher oder später in den Händen und muss sie sich, wenn auch nur flüchtig, ansehen.

Welche verschiedenen Arten der Werbung im Briefkasten es gibt und was Sie dabei jeweils beachten müssen, haben wir für Sie in diesem Rechtstipp der Woche zusammengefasst.

 

Briefkastenwerbung

Bei der Briefkastenwerbung ist die Sendung nicht an den Empfänger persönlich adressiert und wird oft über Direktverteiler der Händler eingeworfen.

Grundsätzlich ist Briefkastenwerbung wettbewerbsrechtlich nach § 7 UWG zulässig. Unzulässig ist es allerdings Werbung einzuwerfen, wenn der Empfänger in erkennbarer Weise die Werbung nicht wünscht.

In der Regel wird dies durch einen sogenannten allgemeinen Sperrvermerk am Briefkasten wie  „Bitte keine Werbung“ deutlich. Die Empfänger können  aber auch schriftlich, telefonisch oder durch Eintragung in die sogenannte Robinson Liste des Deutschen Direktmarketing Verbandes eV ihren Widerspruch ausdrücken.

Dabei ist die Liste nach überwiegender Auffassung der Fachliteratur auch von Unternehmen zu beachten, die dem Verband nicht angeschlossen sind.

Macht der Kunde deutlich, dass er keine Werbung erhalten will und wird diese trotzdem in den Briefkasten eingeworfen, handelt es sich um eine unzumutbare Belästigung und es liegt ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 2 UWG vor.

Ein einmaliger Einwurf unpersönlicher Werbung trotz erkennbarem Widerspruchs hat das Landgericht Dortmund  als sogenannten „Ausreißer“ gewertet und sah darin noch keine unzumutbare Belästigung (Urteil vom 21.12.2016, Az. 3 O 110/16). Bei wiederholtem versehentlichem Einwurf liegt aber ein Gesetzesverstoß vor.

 

Briefwerbung

Auch persönlich an Kunden adressierte Werbung ist grundsätzlich nach dem UWG zulässig. Auch hier gilt, dass eine unzumutbare Belästigung grundsätzlich nur vorliegt, wenn der Empfänger der Zustellung von Werbung widerspricht.

Die Wirkung von Sperrvermerken am Briefkasten ist bei Briefwerbung anders als bei Briefkastenwerbung. Es ist immer darauf abzustellen, ob der Widerspruch für den Händler erkennbar war.

Wird die Briefwerbung durch einen Postboten ausgetragen, kann der Absender im Vorfeld nicht wissen, ob sich ein Sperrvermerk am Briefkasten befindet. Dem Postboten ist es nicht zuzumuten, die Sendung auf ihren Werbecharakter zu überprüfen. Die Zustellung von Briefwerbung ist dann also trotz Sperrvermerk zulässig.

Wenn hingegen ein eigener Verteiler eingesetzt wird, dann weiß dieser um den Werbeinhalt des Briefes und die Zustellung wäre eine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 1 UWG.

Das LG Frankfurt a. M. entschied, dass eine solche Belästigung bereits bei erstmaligem Einwurf eines persönlich adressierten Schreibens trotz ausdrücklichen Widerspruchs vorliegt (Urteil vom 28.02.2019, Az. 2-03 O 337/18).

In Ausnahmefällen kann die Briefwerbung auch wegen einer deutlich überdurchschnittlichen Frequenz unzulässig sein, etwa bei der täglichen Zusendung von Werbeschreiben.

Das Versenden von individuell adressierten Briefsendungen wird also strenger bewertet.

Es ist übrigens nicht zwingend notwendig, dass eine Werbesendung schon am Umschlag erkennbar ist. Der Werbecharakter muss aber unmittelbar nach dem Öffnen für den Empfänger erkennbar sein, da sonst unlautere Schleichwerbung gemäß § 5a Abs. 6 UWG vorliegt.

 

Anzeigenblätter  

Anzeigenblätter sind kostenlose Druckerzeugnisse mit redaktionellem Inhalt und abgedruckter Werbung. Diese dürfen trotz einfachem Sperrvermerk eingeworfen werden.

Zudem hat der BGH  entschieden, dass kostenlose Anzeigeblätter mit redaktionellem Inhalt, in denen lose Werbeprospekte einliegen, auch nicht von Sperrvermerken wie „Keine Werbung“ umfasst sind (Beschluss vom 16.05.2012 – I ZR 158/11). Der Empfänger müsse seinen entgegenstehenden Willen durch eine deutliche Aussage wie "Keine Werbeprospekte und keine Anzeigenblätter" klar machen.

 

Beilagenwerbung

Auch abonnierte Zeitungen mit Werbeeinlagen können trotz eines Sperrvermerks auf dem Briefkasten zugestellt werden. Nach der Rechtsprechung ist es den Zeitungen nicht zuzumuten auf Werbeeinahmen durch Beilagen zu verzichten.  

Auch kann dem Postboten nicht zugemutet werden die Werbung aus den Zeitungen zu entfernen. Entscheidend für die Zulässigkeit ist, dass der Empfänger die Zeitung selbst abonniert hat.

 

Elektronische Werbung

An die Zulässigkeit für elektronische Werbung (beispielsweise per E-Mail) werden wesentlich strengere Voraussetzungen geknüpft als an postalische Werbung.

§ 7 Abs. 2 Nr.3 UWG setzt im Gegensatz zur Briefwerbung die ausdrückliche Einwilligung für zulässige E-Mail Werbung voraus. Ohne diese handelt es sich bei der Werbung um eine unzumutbare Belästigung.

Lediglich in den in § 7 Abs. 3 UWG genannten Fällen, dürfen E-Mails ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung verschickt werden. Also nur in den Fällen von Bestandskunden, die bereits eine dem beworbenen Produkt ähnliche Ware gekauft haben, der Verwendung ihrer Daten zu Werbezwecken nicht widersprochen haben und die auf die Widerspruchsmöglichkeit hinreichend hingewiesen werden.

Die genauen Voraussetzungen der Einwilligung und der Ausnahme von dieser und weitere Informationen zum Thema E-Mail Werbung finden Sie hier.

 

Werbesendungen und DSGVO

Datenschutzrechtlich ist die Grundlage für die Datenverarbeitung bei postalischen Werbesendungen regelmäßig das überwiegende berechtigte Interesse nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO.  Dass Direktwerbung ein solches überwiegendes Interesse darstellen kann, wird aus Erwägungsgrund 47 der DSGVO deutlich.

 

Unser Tipp

Die Zulässigkeit von postalischer Werbung hängt von der genauen Art der Werbung ab. Wenn Sie eigene Verteiler einsetzen, denken Sie daran sie sorgfältig zu unterweisen, sodass keine Sperrvermerke übersehen werden und Sie nicht gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Achten Sie noch darauf, dass der Werbecharakter spätestens nach Öffnen Ihres Schreibens unmissverständlich erkennbar ist.

 

Über den Autor


Lazar Slavov

Lazar Slavov, LL.M.
Studium der Rechtswissenschaften an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn. Mehrjährige Erfahrung als Rechtsanwalt im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, insb. des Marken- und Wettbewerbsrechts. Seit 2018 Legal Consultant bei Trusted Experts und zugleich Rechtsanwalt in freier Mitarbeit bei der Kölner Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE.

28.11.19

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