AGB: Gerichtsstand richtig vereinbaren und Kosten sparen

Eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Kunden kostet nicht nur Nerven, sondern auch viel Geld. Nicht selten übersteigen bei langwierigen Verhandlungen die Gerichts- und Anwaltskosten den Streitwert. Dazu kommt der eigene personelle und organisatorische Aufwand. Nicht nur für international aufgestellte Händler ist daher die Frage wichtig, vor welchem Gericht der Streit ausgetragen wird. Denn der Weg zwischen Hamburg und München ist weit und der Rechtsstreit vor einem ungünstig gelegenen Gericht ist mit höheren Kosten verbunden.

Warum brauchen Sie eine Gerichtsstandsvereinbarung?

Im Zivilrecht entscheidet das Gericht im Regelfall auf Grund einer mündlichen Verhandlung (§ 279 ZPO). Zu dieser mündlichen Verhandlung müssen Sie als Partei persönlich oder vertreten durch Ihren Anwalt erscheinen. In der Praxis berechnen die meisten Rechtsanwälte nach Stundensatz. Für längere Fahrten zwischen Kanzleisitz und Gerichtsort werden Ihnen nicht nur die Fahrtkosten, sondern auch die Fahrtzeit in Rechnung gestellt. Aber auch wenn Sie oder Ihre Mitarbeiter persönlich erscheinen wollen oder sogar müssen, entstehen dadurch Arbeitsausfälle und weitere Kosten. Schließlich muss man beachten, dass sich die Gegenseite dieselben Fragen stellt und von einer Klage bei einem ungünstigen Gericht auch Abstand nehmen könnte.

Der gesetzliche Gerichtsstand

Haben die Parteien keinen Gerichtsstand vereinbart, so bestimmt sich das örtlich zuständige Gericht nach der Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgeblich ist in der Regel das Gericht am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten (§ 12 ZPO). Dies ist bei einer natürlichen Person ihr Wohnsitz (§ 13 ZPO) und bei einer juristischen Person ihr Verwaltungssitz (§ 17 ZPO).

Dazu existiert eine Reihe von besonderen und ausschließlichen Gerichtsständen, die bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen in Betracht kommen. Zu nennen ist an dieser Stelle nur der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach § 29 ZPO. Danach ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

Der Streitwert ist hingegen grundsätzlich für die sachliche Zuständigkeit entscheidend. Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) ist das Amtsgericht für Streitigkeiten über Ansprüche zuständig, deren Streitwert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt. Im Übrigen ist das Landgericht zuständig (§ 71 Abs. 1 GVG).

Je nachdem, um welche Verpflichtung die Parteien streiten (z.B. die Pflicht des Händlers zur Lieferung oder Nacherfüllung bzw. die Zahlungspflicht des Kunden) und welcher Wert der Streit hat, kann das zuständige Gericht also ein anderes sein. Die Kosten des Rechtsstreits, insbesondere die Anwaltskosten sowie die Kosten, die bei Ihnen direkt anfallen, sind so besonders schwer zu kalkulieren.

Rechtswahl im B2B-Handel

Gegenüber Verbrauchern müssen Sie dieses Ergebnis hinnehmen, gegenüber Unternehmern jedoch nur in gewissen Grenzen. Nach § 38 Abs. 1 ZPO ist die vertragliche Vereinbarung eines Gerichtsstandes des ersten Rechtszugs zulässig, wenn beide Vertragsparteien Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches oder Ihr Kunde eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliches Sondervermögen ist.

Das bedeutet gleichzeitig, dass eine Gerichtsstandvereinbarung nur für Auseinandersetzungen möglich ist, die einen vertraglichen Grund haben, nicht hingegen bei Streitigkeit aufgrund gesetzlicher Schuldverhältnisse. Dazu gehören auch solche wegen wettbewerbsrechtlicher Verstöße. Hier gelten nur die gesetzlichen Regeln, insbesondere der sog. „fliegende“ Gerichtsstand nach § 14 UWG.

Umstritten ist, ob die Regelung auch auf solche Unternehmer Anwendung findet, die keine Kaufleute sind (z.B. Rechtsanwälte, Ärzte, Musiker etc.). Wir empfehlen daher, sich an den Gesetzeswortlaut zu halten und eine Vereinbarung nur gegenüber den oben aufgezählten Personengruppen zu treffen.
Die Rechtswahl ist an keine Form gebunden und kann somit unproblematisch in AGB erfolgen.

Was können Sie vereinbaren?

Am häufigsten wird die örtliche Gerichtszuständigkeit vereinbart. Ausgehend von den obigen Überlegungen dürfte es meistens sinnvoll sein, das Gericht am eigenen Unternehmenssitz zu wählen. Da jedoch die Prozessführung durch einen erfahrenen Anwalt stets zu empfehlen ist, kann es günstiger sein, den Sitz Ihres Anwalts als Gerichtsstand zu bestimmen, wenn er an einem anderen Ort liegt. Damit können Sie die Anwaltskosten in Grenzen halten. Denkbar ist schließlich eine differenzierende Lösung, wonach für verschiedene Auseinandersetzungen auch verschiedene Gerichtsstände gelten sollen.

Weiterhin ist es möglich, auch die sachliche Zuständigkeit zu bestimmen. Unabhängig von der Höhe des Streitwertes können Sie ein Amtsgericht oder aber ein Landgericht über Ihren Fall entscheiden lassen.

Inwiefern eine solche Regelung sinnvoll ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Wenn Sie sich für das Landgericht entscheiden, müssen Sie beachten, dass hier der sog. Anwaltszwang gilt, d.h. Sie müssen sich in jedem Fall von einem Rechtsanwalt vertreten lassen und können nicht selbst vor Gericht auftreten (§ 78 Abs. 1 ZPO).

Der von Ihnen benannte Gerichtsstand muss aber auch nicht ausschließlich sein. Sie können das Gericht zusätzlich zu den ohnehin zuständigen Gerichten als zuständig benennen oder aber sich ein Wahlrecht einräumen. Der BGH hat bereits die Wirksamkeit einer entsprechenden Klausel bestätigt. (BGH, Beschluss vom 28.10.1982 - I ARZ 449/82).

Bei der Formulierung solcher Klauseln ist jedoch Vorsicht geboten. Lassen Sie sich hierbei von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten, denn unzulässige Gerichtsstandsvereinbarungen sind nicht nur wirkungslos, sondern auch als unzulässige AGB abmahnfähig.

Unser Tipp

Auch wenn das erste Gebot immer lauten sollte, gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, sollten Sie als Händler stets vorbereitet sein. Eine Gerichtsstandsklausel lohnt sich. Auf diese Weise lassen sich unnötige Kosten vermeiden. Wie alle AGB muss sie aber auch sorgfältig formuliert sein. Wenn Sie hier noch auf der Suche nach einem passenden Text sind, nutzen Sie doch den Trusted Shops Rechtstexter.

 

Über die Autorin

autor_tanya_stariradeffTanya Stariradeff ist Rechtsanwältin und Legal Consultant bei Trusted Shops. Sie studierte Rechtswissenschaft an der Universität Bonn mit den Schwerpunkten Wirtschaft und Wettbewerb. Nach der ersten juristischen Prüfung vor dem OLG Köln folgten Stationen bei CMS Hasche Sigle und eBay und das zweite Staatsexamen. Tanya veröffentlicht in verschiedenen juristischen Zeitschriften zu rechtlichen Problemen des Onlinehandels. Seit Mai 2008 ist sie Mitarbeiterin der Rechtsabteilung der Trusted Shops.

20.10.16

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