Internetvertrieb: Was dürfen mir Markenhersteller verbieten?

Der Vertrieb von Markenwaren ist im Online-Handel längst angekommen. Einige Hersteller wünschen allerdings die Einhaltung gewisser Qualitätsstandards bei dem Vertrieb ihrer Produkte und versuchen daher, den Internetvertrieb gänzlich zu unterbinden oder zumindest einzuschränken. Wir erklären Ihnen in diesem Rechtstipp der Woche, welche Einschränkungen unzulässig sind und welche Vorgaben des Herstellers Sie beachten müssen.

 

Darf mir der Internetvertrieb in Gänze verboten werden?

Sowohl der EuGH als auch die Europäischen Kommission haben klar gestellt, dass das Internet jedem Händler als Vertriebskanal zu Verfügung stehen muss. Das bedeutet, dass Klauseln in Vertriebsvereinbarungen, die den Online-Verkauf verbieten, unzulässig und nichtig sind. Aber auch Klauseln, die de facto zum Ausschluss des Internetvertriebs führen, darf ein Hersteller nicht verwenden.

Beispiel für eine solche unzulässige Einschränkung ist  z. B. das Verbot, die Herstellermarke zur Internetwerbung zu nutzen. Unzulässig ist auch, Zwischenhändlern Rabatte einzuräumen, wenn diese sich verpflichten, Online-Händler nicht zu beliefern (OLG Düsseldorf, 13.11.2013 - VI-U (Kart) 11/13). 



Darf die Entgegennahme von Bestellungen auf ein Gebiet beschränkt werden?

Ebenfalls unzulässig ist es, Ihnen die Entgegennahme von Bestellungen nur dann zu gestatten, wenn der Kunde seine Rechnungsanschrift in einem bestimmten Gebiet hat.

Der Hersteller darf allerdings bestimmte Gebiete für den aktiven Verkauf sich selbst vorbehalten oder einem bestimmten Händler zuweisen und die anderen Händler aus dem aktiven Verkauf in diesen Gebieten ausschließen.

„Aktiver“ Verkauf in diesem Sinne bedeutet die aktive Ansprache einzelner Kunden, z. B. mittels Direktwerbung einschließlich E-Mail-Newsletter oder sonstige Werbemaßnahmen.

„Passiver“ Verkauf bedeutet hingegen die Erledigung unaufgeforderter Bestellungen einzelner Kunden. 

 

Bei dem Verkauf über das Internet handelt es sich jedoch um einen passiven Verkauf, wenn Kunden nicht direkt, z. B. durch Newsletter, angesprochen werden. Der passive Verkauf darf nicht eingeschränkt werden.

Unzulässig ist daher, Sie dazu zu verpflichten, dass Ihr Online-Shop nur aus dem Gebiet erreichbar ist, das Ihnen für den aktiven Verkauf zugewiesen ist. Das Gleiche gilt für die Pflicht, eine Transaktion abzubrechen, wenn die Adresse des Verbrauchers außerhalb des zugewiesenen Gebiets liegt.

Werbemaßnahmen, die sich gezielt an Kunden aus „fremden“ Verkaufsgebieten richten, wie z. B. Newsletter, Werbebanner etc., können hingegen verboten werden.

 

Darf der Verkauf über Amazon und eBay bei Luxusprodukten eingeschränkt werden?

In der deutschen Rechtsprechung war umstritten, ob Markenhersteller auch den Verkauf über Plattformen wie Amazon und eBay hinnehmen müssen.

Die Frage hat der EuGH (Urt. v. 06.12.2017, C-230/16) zumindest für Luxuswaren im Rahmen von selektiven Vertriebssystemen entschieden. Danach ist das Verbot des Verkaufs über Drittplattformen zur Wahrung des Prestigecharakters der Waren unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

  • Die Händler  müssen nach objektiven Kriterien qualitativer Art ausgewählt werden.
  • Diese Kriterien müssen für alle einheitlich festgelegt und diskriminierungsfrei angewendet werden .
  • Die Kriterien müssen sich auf das erforderliche Maß beschränken.

 

Ist die Teilnahme an Preissuchmaschinen erlaubt?

Der BGH (Urt. v. 12.12.2017, KVZ 41/17) musste sich wiederum mit der Frage befassen, ob die Teilnahme an Preissuchmaschinen eingeschränkt werden darf. Zumindest für Produkte, die keine Luxuswaren sind, ist eine solche Einschränkung unzulässig. Dabei haben die Richter die Bedeutung solcher Plattformen für Online-Händler betont.

Noch offen ist allerdings die wichtige Frage, welche Produkte Luxusartikel darstellen und welche nicht.

 

Unser Tipp

Die aktuellen Entscheidungen des EuGH und des BGH schaffen zumindest für die entschiedenen Fälle Rechtssicherheit. Neben den Vorgaben des Kartellrechts stets berücksichtigt werden müssen allerdings auch die Vorgaben der Geoblocking-Verordnung. Denn die Einschränkung von Verkaufsgebieten ist bei länderübergreifenden Sachverhalten bereits nach der Geoblocking-Verordnung unzulässig.

 

Über die Autorin

autor_tanya_stariradeffTanya Stariradeff ist Rechtsanwältin und Legal Consultant bei Trusted Shops. Sie studierte Rechtswissenschaft an der Universität Bonn mit den Schwerpunkten Wirtschaft und Wettbewerb. Nach der ersten juristischen Prüfung vor dem OLG Köln folgten Stationen bei CMS Hasche Sigle und eBay und das zweite Staatsexamen. Tanya veröffentlicht in verschiedenen juristischen Zeitschriften zu rechtlichen Problemen des Onlinehandels. Seit Mai 2008 ist sie Mitarbeiterin der Rechtsabteilung der Trusted Shops.

12.09.19

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